„Rodin“    MDCCCCI

„Rodin“ MDCCCCI

Ernst Juhl, the photographic editor of Photographische Rundschau, was reported to have been forced to resign from this journal after publishing a photogravure and ten full-page halftone plates by Edward Steichen in the July, 1902 issue. (1) Juhl’s profile article on Steichen, accompanying the plates and included here in its entirety, compared Steichen’s approach to artistic photography in terms of  revolutionary genius.
Besides Alfred Stieglitz in New York, Juhl in Berlin was an early champion of Steichen the photographer, who had first arrived in Paris in 1900 and soon began using his background as a painter to reinvent the photographic medium.
The photogravure plate of Steichen’s portrait of Auguste Rodin included with the July issue („ Rodin“ MDCCCCI) (2)  shows the great French sculptor (1840-1917) standing and silhouetted against his white marble sculpture Monument to Victor Hugo. (carved for the 1901 French Salon) Apparently, during this same sitting, Steichen photographed separately Rodin’s bronze sculpture The Thinker. The following year, 1902, Steichen combined both negatives and the result was his famous gum bichromate photograph known as Rodin–The Thinker.

This first-state photogravure (printed one year later in Camera Work II- 1903) is important in that it shows Steichen’s confidence as an image-maker. The fact that he later combined the two negatives, flipping this one and combining it with The Thinker shows his willingness to break the rules: something art in general has always needed to keep it relevant and fresh.
Juhl wrote the following of Steichen’s work, and although not popular with many of his contemporaries in 1902, his assessment of Steichen’s talent has been vindicated with time:

“The beauty of Steichen’s works is not recognized by everyone (that is frequently the result of the beautiful), and I must refuse to make even an attempt to give here an introduction to this art. Those who do not feel the charm of these strange works, words are of little use, but great pleasure will be gained by those shielding themselves from all the negative criticism spoken of them.” 3.

Juhl’s original article on Steichen in full, a rough English translation of which can be gleaned by pasting into online translation software:

Eduard J. Steichen
Von Ernst Juhl

“In „The Photographic Art Journal” ist ein anonymer Artikel über Steichen veröffentlicht, dessen Einleitung auch unsere Leser interessieren wird. Wir geben diese Einleitung in freier Übertragung hier wieder: „In der Entwicklung einer jeden Kunst kommt ein Zeitpunkt, in der die schöpferische Seele sich auf sich selbst besinnt und versucht, sich von den Fesseln der Vergangenheit loszureissen. Dieser Widerspruch und diese Sehnsucht nach künstlerischer Freiheit gehen immer von der Jugend aus, und sie stossen gewöhnlich auf den spöttischen, bitteren Widerstand der Alten. Plötzlich erhebt sich so ein grosser Neuerer, ein Abtrünniger, welcher seine Anhänger durch seine persönliche Kraft und Ausdrucksweise bezwingt.
Wir in England werden aufmerksam auf den Erfolg, welcher durch eine Ausstellung einer ganz neuen Reihe von Bildern von Mr. Horsley-Hinton hervorgerufen wird, und auf ein neues Schlagwort „Hintonnesque”, das geprägt und angewendet wird für Bilder, welche augenscheinlich unter dem Einfluss dieser Schule entstanden sind. Herr Robert Demachy weist in einem Artikel über künstlerische Photographie in Frankreich (Photograms of the Year 1901) darauf hin, dass durch die Ausstellung der Amerikaner im vergangenen Jahr die französischen Kunstphotographen einen neuen und vorteilhaften Anstoss erhalten haben Es ist schwer, mit dieser Schule abzurechnen. Die Bewunderung für die Werke des Meisters ist vielleicht ein hervorstechender Zug, aber es scheint Thatsache zu sein, dass der Meister in seinen Werken eine neue Art von ästhetischem Genuss hervorbringt, welcher sich an das Persönliche wendet; seine Nachfolger versuchen das Gleiche hervorzubringen, gleichwohl erreichen sie im allgemeinen seine Höhe nicht, weil sie nicht die seltene schöpferische Kraft haben, die der Meister besitzt. Wir haben in diesen Thatsachen einen geistigen Entwicklungsfortschritt, der durch eine neue äussere Umgebung hervorgerufen ist. Das Dasein dieser Schulen haben wir wahrscheinlich einer anderen Quelle, nämlich unserer Empfänglichkeit für das Motiv zu verdanken, oder mit anderen Worten: der Ausgestaltung und der systematischen Entwickelung künstlerischer Eindrücke. Bei jedem Fortschritt ist immer irgend eine geniale Persönlichkeit im Werke und stets wesentlich für den Fortschritt, so dass kein Vorrücken möglich ist ohne eine leitende Persönlichkeit, die sich selbst zum Ausdruck zu bringen vermag. Da auf dem Gebiete der Kunst das Genie der einzige Gesetzgeber ist, so gebührt auch Männern dieser Art der Vorzug, als Führer anerkannt zu werden. Man ist einmütig der Ansicht, dass wir in einer Richtung photographischer Kunst heute den amerikanischen Führern den Fortschritt verdanken. Für konservative Gemüter hat diese Thatsache etwas Unangenehmes, aber für den freier Denkenden ist sie vollkommen im Einklang mit dem grossen Gesetz der Entwicklung. Zwei gewaltige Grundkräfte sind stets an der Arbeit, eine, die immer neue Formen, immer neue Ideale schafft, die andere, die immer schabionisiert, konserviert, anpasst und nachahmt. Wir haben also in einem anderen Sinne Zeiten des Beharrens und Zeiten der Ausdehnung, und Fortschritt ist die Resultante aus dem Parallelogramm aller dieser thätigen Kräfte.
Man hat hervorgehoben, dass Genialität eine Sache der Thatkraft ist; da die Kunst eine Form der Thatkraft ist, so kann ein Volk, dessen Wesen gerade durch That-kraft sich ausdrückt, recht wohl in irgend einer Form der Kunst an der Spitze stehen, dies kann zum Teil das Emporkommen der amerikanischen Schule auf einem Gebiet der Kunstphotographie erklären. Während auf der einen Seite über die Stellung Englands auf dem Gebiete der landschaftlichen Photographie gar kein Zweifel sein kann, hat auf der ändern Seite die neue Zeit der Weiterentwicklung auf dem Gebiete des photographischen Bildnisses und figürlicher Darstellung überhaupt auf der grossen westlichen Halbkugel ihren Ursprung, und was jene Ausübung der Thatkraft, in der eben das Leben des Genies besteht, dringend verlangt, ist die Freiheit und Unabhängigkeit von aller Autorität und hergebrachten Übung, und die volle Bewegungsfreiheit.
Für all dies finden wir ausgezeichnete Beispiele in den Bildnissen hervorragender Franzosen, die Steichen geschaffen hat. Wir haben hierin einen Versuch, neue Ideale in die That zu übersetzen und einen Versuch mit einer neuen Art der Wiedergabe von Bildnissen. Es ergiebt sich auf den ersten Blick, dass wir es hier zu thun haben mit dem Ausdruck malerisch künstlerischer Ideale, die der photographischen Technik angepasst sind, und diese Bildnisse sind wie künstlerische Porträts irgend einer anderen Technik voll persönlichen Charakters.”
Robert Demachy sagt im Mai-Hefte des „Bulletin du Photo-Club de Paris”:
„Steichen, der niemandem ähnelt, fährt fort, einen Teil des Publikums zu erbittern. Ich hörte vor einer seiner Studien sagen, wenn es eine Kohlezeichnung wäre, dann wäre das Bild vorzüglich, aber da es eine Photographie sei, wäre es abscheulich. Diese Kritik fasst für mich die Angriffs- und Erörterungsweise der Widersacher der Kunst in der Photographie zusammen. Mit anderen Worten: was in der Malerei Kunst ist, ist es nicht beim Photographen. Ich versuche nicht darüber zu streiten. Meine ganz aufrichtige Bewunderung der Werke Steichens ist nicht von der Form des photographischen Verfahrens abhängig. Es ist möglich, dass sein Bildnis von Rodin einem auf chemischem Wege abgeschwächten Albuminabdruck ähnelt, in diesem Falle bewundere ich das künstlerische Gefühl, welches sich durch einen derartig überfixierten Abdruck ausdrücken lässt. Das mag dem Lehrling des Provinzphotographen ungewöhnlich erscheinen, für mich ist die peinliche Analyse eines Stück Papieres nicht der richtige Massstab für der Kunst.”
Als Deutschland vor sechs Jahren durch die bekannten drei Freunde Kühn, Henneberg und Watzek mit der modernen Kunstphotographie beschenkt wurde, da dachte schwerlich irgend jemand daran, dass noch einmal eine ganz neue Art in der Behandlung der photographischen Wiedergaben erstehen würde. Seit etwa drei Jahren haben uns nun die Amerikaner diese Überraschung bereitet, Mrs. Käsebier, Clarence White und andere zwangen den photographischen Abdruck zu bisher unbekannten Ausdrücken. Es waren Blätter, die wieder – statt der für die Wand bestimmten grossen Gummidrücke — für die Sammelmappe, für die Betrachtung aus der Hand geschaffen sind.
Ein Teil der Steichenschen Werke hat den ganzen Reiz der Schabkunstblätter von ihrem Schöpfer erhalten, die hervorragendsten Beispiele finden wir in seinem Selbstbildnis und in dem „Rodin”. Steichen, der augenblicklich eine Ausstellung seiner Werke in der Maison des Artistes in Paris veranstaltet, nennt diese durch Handarbeit beeinflussten Abzüge: Lichtmalereien. Die Bildnisse von Thaulow, Chase und „Die Skizze” sind weitere Beispiele dieser Art, während das Bildnis von Lenbach, Mucha, die schwarze Vase, Narcissus, Solitude und „Die Rose” Beispiele rein photographischer Arbeiten sind.
Die Schönheiten der Steichenschen Werke werden nicht von jedermann erkannt (das ist das Los des Schönen häufig), und ich muss es mir versagen, auch nur den Versuch zu einer Einführung in diese Kunst zu machen. Wer den Zauber dieser eigenartigen Werke nicht empfindet, dem werden Worte wenig nützen, und wer sich den Weg zur Erkenntnis durch allerlei negative Kritik verrammelt, dem entgeht ein grosser Genuss.
Steichen ist erst 23 Jahre alt, und er begann seine künstlerische Laufbahn als Zeichner für Lithographie, nur 15 Jahre alt, in Milwaukee, wohin seine Eltern, die aus Luxemburg stammen, in jungen Jahren auswanderten. Die Photographie betrieb er zur selben Zeit, erst zum Zeitvertreib; aber sehr bald bemühte er sich, seinen künstlerischen Trieb in seinen Aufnahmen zu bethätigen. Bis zu seiner 1900 erfolgenden Übersiedelung nach Paris hat Steichen keine Gelegenheit gehabt, Kunst zu sehen, auch keine Kunstphotographieen, auch fehlt ihm jegliche akademische Schulung in der Malerei, die er seit zwei Jahren treibt. Das ist wahrscheinlich für ein so persönliches Talent wie Steichen von grösster Bedeutung; die besten Vorbilder hätten ihn vielleicht vom eigenen Wege abgelenkt.
Vor mir liegen einige photographische Wiedergaben seiner augenblicklich mit den Kunstphotographieen in Paris ausgestellten 40 Ölgemälde ; leider sind die Abzüge für eine Reproduktion nicht geeignet.
Wenn das Bildnis von Beethoven, welches Steichen soeben vollendete, und von dem ich eine Photographie vor mir habe, in einem besseren Abdruck zu haben ist, werden wir in einem der nächsten Hefte eine Wiedergabe davon bringen.
Seine Ölbilder sind den hier wiedergegebenen Photographieen in der künstlerischen Art sehr ähnlich; ich glaube an Steichens Zukunft, auch als Maler, obgleich ich über seine Farbengebung natürlich nicht eher urteilen kann, als bis ich seine Bilder im Original sah.
Als Kunstphotograph steht er schon heute auf der Höhe, er ist ein Pfadfinder.” 4.

Notes:

1. Juhl’s name appears only one other time in Photographische Rundschau– (Für Den Künstlerischen Teil) listed on the cover of the August, 1902 issue.
2. Most every source indicates this portrait of Rodin was taken by Steichen in 1902 but the gravure plate here goes to the length of printing the year 1901 in Roman numerals. Typographic errors for this source material can be quite common however, so it is possible the 1901 date is in error.
3. Translated excerpt: Eduard J. Steichen: by Ernest Juhl: Photographische Rundschau-Zeitschrift für Freunde der Photographie: Published and Edited by Dr. R. Neuhauss: Wilhelm Knapp: Halle a.S.: July, 1902: p. 129
4. Ibid: pp. 127-129

Title
„Rodin“ MDCCCCI
Photographer
Journal
Country
Medium
Atelier
Year
Dimensions

Image Dimensions19.1 x 14.4 cm: July: Plate XLI

Support Dimensions28.0 x 20.2 cm (uncut plate-tissue guard glued left margin)